Möglichkeiten um den Pflichtteil beim Berliner Testament einzuklagen
Vor einer Klageeinreichung sollte man beim Erben schriftlich den eigenen Pflichtteil einfordern. Für den Fall, dass der Erbe dabei die Kooperation verweigert, muss dieser zuerst gerichtlich zu einer Auskunft über den Nachlasswert aufgefordert werden. Erst im Anschluss kann man dann auf zwei unterschiedlichen Wegen den Pflichtteil einklagen. In Betracht kommen dabei die Pflichtteilsklage und die Stufenklage, die im Folgenden näher erläutert werden.
Die Pflichtteilsklage
Bei der Pflichtteilsklage wird der Zahlungsanspruch des Pflichtteils gegenüber dem Erben direkt durchgesetzt. Hierbei ist diese Klageart aber nur angemessen, wenn der Kläger den genauen Nachlasswert bereits kennt und somit auch seinen Pflichtteilsanspruch genau beziffern kann. Für den Fall, dass dies gegeben ist, muss dann folgende Ablauffolge eingehalten werden:
Die Klageeinreichung
Zunächst muss beim zuständigen Gericht eine Klageschrift eingereicht werden. Dabei ist bei einem Streitwert, der dem Pflichtteilsanspruch entspricht, von bis zu 5000 € das Amtsgericht zuständig und bei höheren Streitwerten das Landgericht. Außerdem gilt in Deutschland bei Streitwerten über 5000 € auch ein Anwaltszwang in Deutschland, was bedeutet, dass man sich bei Gericht anwaltlich vertreten lassen muss.
Begleichung von Gerichtskosten-vorschüssen
Mit dem Einreichen der Pflichtteilsklage ist auch die Zahlung von Gerichtskostenvorschüssen fällig, die sich nach der Höhe des Streitwertes richten. Ferner fallen auch noch weitere Gebühren an.
Die Zustellung der Klageschrift an die Gegenseite
Die eingereichte Klageschrift wird der Gegenseite zugestellt. Dabei kann diese dann innerhalb einer bestimmten Frist Stellung nehmen und eine Gegendarstellung einreichen.
Der erste Gerichtstermin
Im ersten Gerichtstermin wird eine einvernehmliche Einigung zwischen den Parteien angestrebt. Für den Fall, dass dies nicht möglich ist, kommt es zu einer Hauptverhandlung über den Pflichtteilsanspruch.
Die Hauptverhandlung
Scheitert die Güteverhandlung kommt es zu einem Gerichtstermin, an dem beide Parteien anwesend sind. Hierbei wird dann die Rechtmäßigkeit des Pflichtteilsanspruchs verhandelt.
Die Vergleichslösung
Üblicherweise wird in der Hauptverhandlung eine Einigung erzielt, die zu einem Vergleich führt. Hierbei werden sowohl die Interessen der Erben als auch des Pflichtteilsberechtigten berücksichtigt.
Gerichtliche Entscheidung
Kann kein Vergleich der beiden Parteien erzielt werden, wird das Gericht eine Entscheidung treffen und ein Urteil aussprechen. Dabei kann auch entscheiden werden, zunächst noch Zeugen zu befragen oder aber direkt eine Auszahlung eines Pflichtteils angeordnet wird.
Auszahlung des Pflichtteils
Mit dem Urteil des Gerichts wird auch eine Frist für eine Auszahlung des Pflichtteils festgesetzt, innerhalb derer der festgestellte berechtigte Pflichtteil vom Erben auszuzahlen ist. Dabei kann das Urteil auch durch eine Zwangsvollstreckung umgesetzt werden, für den Fall, dass eine Auszahlung durch die Erben verweigert wird.
Die Stufenklage
Die Stufenklage ist ein Vorbereitungsverfahren, das die Grundlage für eine erfolgreiche Pflichtteilsklage legen soll. Dabei konzentriert sich die Stufenklage auf die Feststellung eines Auskunfts- und Zahlungsanspruch und wird wie folgt durchgeführt:
Erste Stufe
Zunächst wird bei der Stufenklage eine umfassende Auskunft zum Nachlassbestand nach § 2314 BGB eingeklagt. Dabei wird dann aufgrund des festgestellten Nachlasswertes der Pflichtteilsanspruch berechnet, der vom Erben eingefordert werden kann.
Zweite Stufe
Wahlweise kann ein Pflichtteilsberechtigter auch in einem zweiten Schritt noch eine eidesstattliche Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses von den Erben einfordern. Dabei kann dies in Fällen sinnvoll sein, in denen der Pflichtteilsberechtigte annehmen kann, dass Vermögenswerte des Nachlasses nicht berücksichtigt wurden oder falsch bewertet wurden.
Dritte Stufe
Sind diese Klageabschnitte abgeschlossen kann der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil einklagen über die Pflichtteilsklage.
Kann man einen Pflichtteil auch schon zu Lebzeiten des Erblassers einklagen?
Pflichtteilsansprüche entstehen ausschließlich in einem Erbfall, also bei einem Berliner Testament frühestens nach dem Ableben des ersten Ehepartners. Deshalb kann zu Lebzeiten des Erblassers die Auszahlung eines Berliner Testaments Pflichtteils nur mit dem Einverständnis des Erblassers erfolgen und wird dann zumeist in Form eines sogenannten Pflichtteilsverzichts vereinbart. Dabei zahlt der Erblasser dann dem Pflichtteilsberechtigten eine Abfindung zu Lebzeiten und erhält dafür dann eine Pflichtteilsverzichtserklärung für den Erbfall. Allerdings kann der Pflichtteil niemals zu Lebzeiten eingeklagt werden.