Wann kann eine Auszahlung des Pflichtteils stattfinden?
Als Pflichtteilsberechtigter lässt man sich in der Regel nach Eintritt des Erbfalls den Pflichtteil von den Erben auszahlen. Jedoch gibt es auch bestimmte Ausnahmesituationen in den denen man sich als Pflichtteilsberechtigter bereits zu den Lebzeiten des Erblassers auszahlen lassen kann. Deshalb wollen wir im Folgenden diese beiden Auszahlung Situationen zum Pflichtteil gegenüberstellen.
Die Pflichtteilsauszahlung nach dem Erbfall
Ist der Erbfall bereits eingetreten, muss eine berechtigte Person ihren Pflichtteil bei den Erben einfordern, damit er auch ausgezahlt wird. Hierbei muss dies innerhalb von 3 Jahren nach Eintritt des Erbfalls erfolgen oder spätestens 3 Jahre nach Kenntnis über den Todesfall und den eigenen Anspruch. Für den Fall, dass diese Frist versäumt wird, hat ein Pflichtteilsberechtigter keinen Anspruch mehr, da dann eine Verjährung eintritt.
Hierbei beginnt diese Frist immer Ende desjenigen Jahres zu laufen, an dem der Berechtigte Kenntnis über den entsprechenden Erbfall hat. Für den Fall, dass ein Erbfall z. B. 20. Oktober 2018 eingetreten ist, der Berechtigte jedoch erst im Februar des Folgejahres von seiner Enterbung und seinem Pflichtteilsanspruch erfahren hat, verjährt sein Anspruch erst zum 31. Dezember 2022. Grundsätzlich muss ein Erbe auch den Pflichtteil unmittelbar nach der Aufforderung auszahlen, es existiert jedoch keine gesonderte Fristenregelung hierfür im deutschen Erbrecht.
Die Pflichtteilauszahlung zu Lebzeiten des Erblassers
Vor dem Ableben des Erblassers und einem Eintritt des Erbfalls stehen einem Pflichtteilsberechtigten praktisch keine Rechte auf den Pflichtteil zu. Dabei kann er zwar schon einmal seine Pflichtteilsquote ermitteln, jedoch hat er keine Garantie, dass dies auch bis zum Erbfall so bleibt und er kann auch nicht den Nachlass sichern für den Erbfall. Für den Fall, dass er über seinen Pflichtteil bereits zu Lebzeiten des Erblassers verfügen möchte, kann er dies nur mit einem Einverständnis des Erblassers.
Allerdings kann unter bestimmten Umständen ein Erblasser auch zu Lebzeiten bereits eine Pflichtteilsentziehung anordnen, jedoch nur, wenn dafür schwerwiegende Gründe vorliegen. In diesem Fall kann jedoch ein Pflichtteilsberechtigter bei Gericht eine Feststellungsklage anstrengen, um eine Unwirksamkeit des Pflichtteilsentzuges zu erreichen.
Hingegen ist grundsätzlich im Einverständnis mit dem Erblasser immer ein Pflichtteilsverzicht möglich. Hierbei schließen Berechtigter und Erblasser zu seinen Lebzeiten einen entsprechenden Vertrag, der notariell beglaubigt werden muss. In diesem Fall verzichtet der Berechtigte für den Erbfall dann auch seinen Pflichtteil und erhält dafür zumeist eine Abfindung. Allerdings kann ein Erblasser auch ansonsten einem Berechtigten bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte zukommen lassen und bedingt sich dabei aus, dass diese auf den Pflichtteil angerechnet werden gemäß § 2315 BGB.
Ablauf der Auszahlung des Pflichtteils
Sind Pflichtteilsberechtigung und Pflichtteilsanspruch gegeben, ist ein rechtmäßiger Erbe auch zur Auszahlung des Pflichtteils verpflichtet. Jedoch erfolgt eine Auszahlung erst nachdem einige Vorbereitungen hierzu getroffen wurden. Hierbei sind die folgenden Schritte vor einer Auszahlung einzuhalten:
Auskunft über den Nachlass einholen
Um den eigenen Pflichtteil korrekt berechnen zu können, benötigt ein Pflichtteilsberechtigter genaue Informationen über den Nachlass. Deshalb ist ein Erbe auch verpflichtet, den genauen Nachlasswert zu ermitteln. Dabei ist der Pflichtteilsberechtigte verpflichtet, den Erben zu einer Auskunft schriftlich aufzufordern. Daraufhin muss ein Erbe dann ein Nachlassverzeichnis erstellen, in dem dann alle Vermögenswerte und auch Verbindlichkeiten aufgelistet sind.
Überprüfung des Nachlasswertes
Außerdem muss der im Nachlassverzeichnis ermittelte Nachlasswert überprüft werden. Hierdurch wird ausgeschlossen, dass ggf. Wertgegenstände unterschlagen wurden oder mit einem zu geringen Wert angesetzt wurden. Dabei wird dann der Nachlasswert reduziert und damit auch die Pflichtteile.
Aufforderung zur Auszahlung
Erst wenn die korrekte Höhe des Pflichtteils bekannt ist, kann der Pflichtteilsberechtigte dann seinen Pflichtteil beim Erben einfordern und dieser ist dann zur Auszahlung verpflichtet.
Den Pflichtteil einklagen
Für den Fall, dass sich die Erben weigern, den Pflichtteil auszuzahlen, muss der Berechtigte eine Pflichtteilsklage anstrengen, um sich den Pflichtteil auszahlen zu lassen. Hierbei muss er dies bei geringen Streitwerten (bis 5000 Euro) beim zuständigen Amtsgericht tun und bei höheren Streitwerten vor einem Landgericht. Dabei stellt der Streitwert immer den den Pflichtteil in seiner erwarteten Höhe dar. Der Streitwert stellt die Höhe des zu erwartenden Pflichtteils dar. Hierbei kann in einem derartigen Verfahren dann entweder eine Stufenklage angestrengt werden, bei der sowohl Auskünfte zum Nachlass als auch die Zahlung eingeklagt werden, oder eine Pflichtteilsklage, bei der nur der Zahlungsanspruch festgestellt werden soll. Bei einem Gerichtsverfahren hat dann diejenige Partei, die die Klage verliert, alle damit zusammenhängenden Kosten zu tragen, inklusive der Kosten der Gegenpartei.