Unterschiedliche erbrechtliche Vorschriften auf Länderebene
Für die erbrechtliche Regelung der Hofübernahme existieren in Deutschland unterschiedliche rechtliche Bestimmungen in den einzelnen Bundesländern. Deshalb gibt es kein einheitlich geregeltes Erbrecht für landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland. Dabei ist dies je nach Bundesland entweder durch die Höfeordnung, das Anerbenrecht, das Landgutrecht des BGB oder andere landesrechtliche Sondervorschriften geregelt. Im Nordwesten der Republik gilt die so genannte Höfeordnung, andere Bundesländer haben landesrechtliche Anerbengesetze geschaffen, in manchen Bundesländern gilt das Landgüterrecht des BGB. Anbei in der Übersicht die Verteilung der unterschiedlichen Erbrechtsbestimmungen in Deutschland:
Bundesland | Rechtsgrundlage |
Baden-Württemberg | Anerbenrecht |
Bayern | Erbrecht (BGB) |
Berlin | Erbrecht (BGB) |
Brandenburg | Erbrecht (BGB) |
Bremen | Anerbenrecht |
Hamburg | Höfeordnung |
Hessen | Anerbenrecht |
Mecklenburg-Vorpommern | Erbrecht (BGB) |
Niedersachsen | Höfeordnung |
Nordrhein-Westfalen | Höfeordnung |
Mecklenburg-Vorpommern
| Erbrecht (BGB) |
Rheinland-Pfalz | Anerbenrecht |
Saarland | Erbrecht (BGB) |
Sachsen | Erbrecht (BGB) |
Sachsen-Anhalt | Erbrecht (BGB) |
Schleswig-Holstein | Höfeordnung |
Die Höfeordnung
Die Höfeordnung ist in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg gültig. Hier ist nach §1 der Höfeordnung (HöfeO) geregelt, dass ein Hof im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten stehen muss und einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000 Euro haben muss. Dabei soll diese aus der Historie bestimmte Mindestgröße es einer Familie erlauben, durch den Hof ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Hierbei ist die zentrale Regelung zur Erbfolge im §4 HöfeO folgendermaßen formuliert:
”Der Hof fällt als Teil der Erbschaft kraft Gesetzes nur einem der Erben (dem Hoferben) zu. An seine Stelle tritt im Verhältnis der Miterben untereinander der Hofeswert. “
Dabei ist dies auch für den Fall gültig, dass ein Erblasser ein Testament oder einen Erbvertrag verfasst hat und deshalb ist das Dokument ungültig, wenn er mehr als einen Erben dort benannt hat. Für den Fall, dass der Erblasser weder Testament noch Erbvertrag hinterlassen hat und den Hof auch nicht im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen hat, ist die Erbfolge nach der Höfeordnung eindeutig geregelt.
Wenn Ehepartner gemeinschaftliche Eigentümer des Hofes waren, so wird im Falle des Todes eines Ehepartners der überlebende Ehegatte alleiniger Hoferbe. Außerdem ist auch der Erbfall geregelt, wenn der Hof dem Erblasser allein gehörte. Dabei kommen, ähnlich wie beim gesetzlichen Erbrecht, nach Rangfolge Kinder, Ehepartner, Eltern und Geschwister zum Zuge.
Anerbenrecht
Anerbenrechte sind landespezifische Sondererbrechte, die in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bremen für die Betriebsübernahme gelten. Dabei gilt dort, wie bei der Höfeordnung auch, dass nur ein Erbe den ganzen Hof übernehmen kann und dass weichende Erben eine Abfindung erhalten müssen.
Dabei richtet sich diese, wenn es sich um einen ertrag bringenden Betrieb handelt, nach dem Ertragswert. Ferner schreibt das Anerbenrecht dabei vor, dass ein Hof an den ältesten männlichen Erben des verstorbenen Erblassers übertragen wird. Dabei wird jedoch eine bestimmte Qualifikation des Hofes als Anerbenhof vorausgesetzt, der als solcher in die Höferolle eingetragen sein muss. Für den Fall, dass dies nicht vorliegt, wird der Hof nach dem allgemeinen BGB-Erbrecht vererbt.
Hofübernahme nach BGB Erbrecht
In Bayern, Berlin, dem Saarland und allen ostdeutschen Bundesländern existieren keine Höfeordnungen oder landesspezifischen Sondererbrechte. Hier richtet sich die Erbfolge nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dabei wird grundsätzlich nach ganz normalem Erbrecht vererbt, was auch bedeutet, dass der Verkehrswert des Hofes angesetzt wird.
Jedoch können in Sonderfällen auch die besonderen Bestimmungen des BGB-Landguterbrechts zur Anwendung kommen. Hierbei kann dann der Hof von einem vom Erblasser bestimmten Übernehmer zu Vorzugsbedingungen übernommen werden, oder es muss ein Pflichtteil, der weit unter dem, der nach Verkehrswert errechnet werden würde, ausgezahlt werden.
Für den Fall, dass weder Testament noch Erbvertrag des Erblassers vorhanden sind, fällt der Hof beim Tod des Eigentümers allen Miterben entsprechend ihren gesetzlichen Erbteilen zu. Die Erbengemeinschaft teilt den gesamten Nachlass entweder gütlich oder gerichtlich nach dem Verkehrswert untereinander auf. Allerdings kann der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag anordnen, dass einer der Miterben den Hof als sogenanntes Landgut gemäß § 2049 BGB erbt. Hierbei werden in diesem Fall die Miterben auf der Basis eines gegenüber dem Verkehrswert niedrigeren Ertragswerts des Betriebes abgefunden.
Pflichtteilsregelungen in der Landwirtschaft
Dem Grunde nach sieht das deutsche Erbrecht in der Landwirtschaft für die Vererbung eines landwirtschaftlichen Betriebes vor, dass der Betrieb nur an einen Hoferben, der zur Fortführung des Betriebes am besten geeignet ist, weitergegeben wird. Dabei soll durch spezielle erbrechtliche Regelungen die Zersplitterung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Rahmen der Erbfolge in den meisten Bundesländern verhindert werden.
Deshalb wird diese grundsätzliche gesetzliche Bestrebung auch im Bereich des Pflichtteilsrechts fortgesetzt. Dabei will man durch von der erbrechtlichen Norm abweichende Vorschriften sicherstellen, dass sich die finanziellen Belastungen eines Hoferben wegen notwendiger Abfindungszahlungen an die weichenden Erben in Grenzen halten und deshalb auch die Existenz des Hofes nicht gefährdet wird. Allerdings gelten hier je nach Bundesland sehr unterschiedliche gesetzliche Grundlagen, wie oben bereits aufgezeigt.
Abweichung vom Pflichtteilsrecht des BGB in der Landwirtschaft
Jedoch haben die Regelungen zu Abfindungen weichender Erben in den verschiedenen Gesetzen gemeinsam, dass von dem vorherrschenden Grundsatz des BGB Pflichtteilsrechts abgewichen wird, wonach für die Höhe des Pflichtteilsanspruchs der tatsächliche Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls entscheidend ist. Dabei soll die Abfindung nach dem gesetzgeberischen Willen für den übernehmenden Hoferben eine geringere Belastung mit sich bringen.
Hierbei wird in der Höferordnung dieses Ziel dadurch erreicht, dass den weichenden Erben nach § 12 HöfeO zwar ein Abfindungsanspruch in Geld zugebilligt wird, dieser sich jedoch nicht nach dem Zeitwert der Hofstelle bemessen soll, sondern auf das Eineinhalbfache des zuletzt festgesetzten Einheitswertes im Sinne des § 48 des Bewertungsgesetzes beschränkt wird. Dabei können je nach Einzelfall auf diesen Abfindungsbetrag Zuschläge oder Abschläge erfolgen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Nach dem BGB Erbrecht ist in § 2312 BGB bestimmt, dass für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs auf den im Vergleich zum Zeitwert regelmäßig niedrigeren Ertragswert abgestellt werden muss.
Für den Fall, dass das Grundstücksverkehrsgesetz bei der Vererbung des Hofes maßgebend ist, dann bestimmt § 16 GrdstVG, dass Abfindungen ebenfalls nicht auf Grundlage des Zeitwertes, sondern ebenfalls nach Maßgabe des sogenannten Ertragswertes bestimmt werden. Dabei bestimmt sich der Ertragswert eines landwirtschaftlichen Betriebes nach dem „Reinertrag, den das Landgut nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann“ (§ 2312 BGB).Hierbei ist dann die konkrete Ermittlung des Ertragswertes jedoch nach landesspezifisch sehr unterschiedlichen Vorschriften vorzunehmen.